Der Oberste Gerichtshof (OGH) beschäftigte sich vor kurzem mit einem spannenden Erbrechts-Fall.
Der Sachverhalt
Ein Vater wollte seinem Sohn alles vermachen. Ursprünglich war dem Erblasser (Vater) die Sicherung des Familienbesitzes in der Hand seines einzigen Kindes ein großes Anliegen. Er verstarb einige Tage nach einer Operation.
Kurz zuvor hatte ihn ein Freund aber gefragt, ob er nicht vor dem Eingriff für eine enge Bekannte, die ihn in der letzten Zeit betreut hatte, vorsorgen will. Der Erblasser teilte der Bekannten darauf mit, dass er ihr eine Liegenschaft überschreiben will, dies vorher aber noch mit seinem Sohn besprechen wird.
Ohne seinen Sohn zu kontaktieren, errichtete er danach eine eigenhändig verfasste und unterfertigte letztwillige Verfügung, in der er der Bekannten die Liegenschaft per Vermächtnis überließ. Die Verfügung übermittelte er einem ihm bekannten Notar mit einem angehefteten, ebenfalls eigenhändig ge- und unterschriebenen "Post-it". Dessen Text lautet: "Anbei meine letztwillige Verfügung, bitte verwahre diese noch vertraulich, da ich mit [meinem Sohn] noch nicht gesprochen habe." Bis zu seinem nahen Tod sprach der Erblasser das Thema gegenüber seinem Sohn nicht an.
Beim vorliegenden Verfahren klagt die Bekannte den Sohn auf Herausgabe der Liegenschaft. Der Sohn wendet ein, die Erklärungen des Vaters ist so zu verstehen, dass das Legat erst Wirksamkeit erlangen soll, nachdem die Angelegenheit zwischen Vater und Sohn besprochen worden ist. Da ein solches Gespräch nicht stattgefunden hat, sei das Legat nicht gültig.
Die Entscheidung
Nach dem OGH sieht das "Post-it" bloß eine Verwahrungsanordnung vor, die dem Erblasser ermöglicht, den Sohn im persönlichen Gespräch über seine Entscheidung zu informieren. Dass das Gespräch auch Bedingung für die Gültigkeit des Legats sein soll, ist weder aus dem Wortlaut der Urkunden noch aus anderen Umständen ableitbar. Die Liegenschaft ist daher der betreuenden Bekannten zu überschreiben.