Um Beweise zu sammeln überwachte ein Mann die Telefongespräche und WhatsApp-Nachrichten seiner Ehefrau und verschaffte sich Haarproben für Drogentests. Sie fühlte sich komplett überwacht und beantragte eine Wegweisung durch einstweilige Verfügung.
Um Beweise zu sammeln überwachte ein Mann die Telefongespräche und WhatsApp-Nachrichten seiner Ehefrau und verschaffte sich Haarproben für Drogentests. Sie fühlte sich komplett überwacht und beantragte eine Wegweisung durch einstweilige Verfügung.
Der Sachverhalt
Während eines Scheidungsverfahrens kam es zu einem langen Rechtsstreit, der bis vor den Obersten Gerichtshof (OGH) ging.
Aus der Ehe stammen zwei Kinder. Das Scheidungsverfahren der Parteien ist noch nicht abgeschlossen. Aktuell strittig ist noch die Obsorge für die Kinder, wobei beide Eltern jeweils die alleinige Obsorge verlangen. Dabei erheben sie gegeneinander massive Vorwürfe betreffend die Erziehungsfähigkeit des jeweils anderen Elternteils. Der Mann wirft seiner Frau Überforderung, Drogen- und Alkoholkonsum, Beziehungsdefizite, mangelnde Erziehungsfähigkeit und Eltern-Kind-Entfremdung vor. Sie hat ihm vorgeworfen, die Kinder in Loyalitätskonflikte zu bringen, manipulativ auf die Kinder einzuwirken und sich bei der Erziehung gegen das Kindeswohl zu verhalten. Eine auch nur im Ansatz konstruktive Gesprächsbasis vom Gericht bisher nicht aufgebaut werden. Der Streit um die Obsorge wird sich wahrscheinlich noch länger ziehen.
Die nachfolgenden Vorkommnisse trugen sich in der Ehewohnung zu.
Lauschangriff
Der Mann hat in der Küche der gemeinsamen Wohnung im März 2017 ohne Wissen seiner Ehefrau ein Handy als Aufnahmegerät eingerichtet und damit Gespräche mit ihrer Mutter und ihrem Rechtsanwalt aufgenommen. Dieses Abhörgerät wurde am 13.05.2017 entdeckt, woraufhin sie Anzeige wegen Missbrauchs von Tonaufnahme- und Abhörgeräten erstattete.
WhatsApp-Überwachung
Der Ehemann hat die WhatsApp-Kommunikation seiner Frau mit einem anderen Mann und ihrer Mutter fotografiert und kopiert. Er hat sich Zugang zum Handy seiner Frau verschaffen können, weil er den Code des Handys kannte.
Haarproben für das Drogenlabor
Der Ehemann hat sich auch Haarproben von einer Haarbürste seiner Frau entnommen um Drogentests damit durchzuführen. Die Haare hat er in einem forensisch-toxikologischen Labor im Frühjahr 2017 auswerten lassen. All das hat er ohne Kenntnis seiner Frau gemacht. Es ist jedoch nicht bewiesen, ob die Haarprobe tatsächlich von der Ehefrau stammt.
Psycho-Terror?
Die so „erworbenen“ Beweismittel (Auszüge aus Telefongesprächen und WhatsApp-Nachrichten) hat der Mann sowohl im Pflegschafts- als auch im Scheidungsverfahren vorgelegt.
Die Frau fühlt sich deswegen in der Wohnung ständig beobachtet und sie lebt in der Angst, dass jedes Wort, welches sie in der Wohnung spricht, aufgezeichnet wird. Sie hat auch ein neues Smartphone angeschafft, traut sich aber auch mit diesem nur mehr eingeschränkt zu telefonieren und Nachrichten zu versenden, weil sie fürchtet, dass ihr Mann auch dieses „filzt“.
Den Wunsch der Scheidung hat der Mann im März 2017 verkündet. Seitdem leidet seine Frau an Schlafstörungen. Es gelingt ihr zumeist erst gegen Mitternacht einzuschlafen und sie wacht häufig wieder auf.
Die unklare Situation im Pflegschaftsverfahren und die Auseinandersetzung im Scheidungsverfahren sind auch für den Mann belastend, der die Wohnung kaum verlassen will.
Das Zusammenleben der Ehegatten im gemeinsamen Haushalt gestaltet sich schwierig und konfliktträchtig.
Die Frau beantragte deswegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung und verwies auf die Abhörmaßnahmen und die Beweismittelbeschaffungen ihres Mannes mit den ihr daraus resultierenden massiven psychischen Belastungen.
Der Antragsgegner bestritt eine erhebliche Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit der Frau.
Das Verfahren bisher
Die Gerichte lehnten die Wegweisung zunächst mit der Begründung ab, dass die Belastung der psychischen Gesundheit durch die Überwachungsmaßnahmen des Mannes „gerade noch nicht“ erheblich überschritten wurde. Dies wurde damit begründet, dass die Ehegatten nach den Vorfällen noch gemeinsame Aktivitäten mit den Kindern unternommen haben.
Die Entscheidung
Ob „Psychoterror“ vorliegt, der die Wegweisung aus der gemeinsamen Wohnung rechtfertigt, ist nach subjektiven Kriterien zu beurteilen. Es wird jedoch eine objektive Grenze gezogen . Die mit einem Scheidungsverfahren üblicherweise verbundenen Auseinandersetzungen und nervlichen Belastungen rechtfertigen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung noch nicht.
Der OGH hielt die Beurteilung der anderen Gerichte für unvertretbar und erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Seiner Auffassung nach reicht der oben dargestellte Sachverhalt aus, um eine Wegweisung des Mannes zu rechtfertigen.