Wann kann der Betreiber eines Heims den Betreuungsvertrag kündigen? Kann dafür auch das Verhalten der besuchenden Angehörigen ausschlaggebend sein?
Der Heimträger kann den Heimvertrag nur aus besonders wichtigen Gründen kündigen. Beispiele für diese Kündigungsgründe werden im Konsumentenschutzgesetzaufgezählt. Das Gericht hat im Einzelfall zu werten, ob ein Sachverhalt diesen Gründen gleichzuhalten ist.
Der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte die Frage zu beantworten, ob eine Kündigung auch möglich wegen fortgesetzter, unzumutbarer Störung des Heimbetriebs ist, wenn die Störung nicht vom Heimbewohner selbst ausgeht, sondern von einem Angehörigen/Vertreter (hier: Mutter und Sachwalterin).
Der Sachverhalt
Ausgangspunkt des Verfahrens ist die einstweilige Verfügung, mit der dem beklagten Heim im Kern untersagt wurde, der klagenden Heimbewohnerin die Nutzung ihrer Einrichtungen zu verweigern. Das beklagte Heim hatte zuvor den Heimvertrag gekündigt, und zwar unter Berufung darauf, dass eine konstruktive Zusammenarbeit mit der Mutter (und Sachwalterin) der klagenden Heimbewohnerin nicht mehr möglich wäre.
Die Bewohnerin ging dagegen rechtlich vor und begehrte die Feststellung, dass der Heimvertrag weiter aufrecht ist, sowie ein Unterlassungsverbot, das gegen eine Einschränkung der Unterbringungs- und Betreuungsleistungen gerichtet ist.
Die Entscheidung
Im vorliegenden Fall hat sich die beklagte Heimträgerin bei ihrer Kündigung im Wesentlichen darauf berufen, dass eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen der Mutter (und Sachwalterin) der klagenden Heimbewohnerin und den Mitarbeiterinnen der Bekl nicht mehr möglich sei. Diese Konstellation nähert sich (ansatzweise) einem im Konsumentenschutzgesetz genannten Kündigungsgrund: trotz zumutbarer Abhilfemaßnahmen fortgesetzte schwere Störung des Heimbetriebs, die dem Heimträger oder den anderen Bewohnern nicht mehr weiter zugemutet werden kann.
Bei diesem Kündigungsgrund wird jedoch davon ausgegangen, dass es der Heimbewohner selbst ist, der diesen unzumutbaren Zustand herbeiführt. Nach Ansicht des OGH „könnte dieser Kündigungsgrund allenfalls auch für Fälle erwogen werden“, in denen ein Angehöriger/Vertreter des Heimbewohners eine solche Störung des Heimbetriebs herbeiführt.
Die Klägerin ist beträchtlich geistig und körperlich behindert (Lennox-Gastaut-Syndrom nach Entfernung eines Gehirntumors; Pflegegeld der Stufe 6). Dass der Klägerin bei dieser Ausgangslage im Fall einer kurzfristigen Änderung der langjährig gewohnten Betreuungs- und Versorgungsverhältnisse eine Gefährdung der Gesundheit droht, hält der OGH für offenkundig.
Ob die Beeinträchtigung durch die Mutter in der Intensität ausreichend ist, wird in einem strengeren Beweisverfahren noch genauer untersucht. Im Provisionalverfahren wurde entschieden, dass das Verhalten der Mutter noch nicht dem Kündigungsgrund entspricht.