Nach harten Auseinandersetzungen für die Interessen der Stromkunden, hat uns der Oberste Gerichtshof (vorläufig) Recht gegeben. Drohung mit Stromabschaltung ist sittenwidrig. Hier alle Details:
Stromkunden werden in Österreich immer wieder mit Stromabschaltung bedroht, obwohl der Oberste Gerichtshof bereits entschieden hat, dass Konsumenten damit nicht unter Druck gesetzt werden dürfen (Verbot der Selbsthilfe!).
Von Selbstjustiz/Selbsthilfe (ohne Gerichtshilfe) spricht man, wenn jemand seine streitigen Rechte nicht (!) mit Hilfe der Gerichte, sondern auf eigene Faust durchsetzt. Genau so etwas ist hunderten Stromkunden in Niederösterreich im Herbst/Winter 2024 widerfahren und ist seit einigen Jahren in ganz Österreich gängige Praxis. Die Kunden haben in den letzten Wochen unangenehme Post von ihrem Vertragspartner, dem Netzbetreiber erhalten, der das Stromnetz betreut. Entweder ein neues „intelligentes“ Strommessgerät wird eingebaut, oder es wird der Strom abgeschaltet. Das Erschütternde: Die Mahnwelle betrifft
# Familien mit aktuell geeichten Stromzählern
# Familien mit laufende Gerichtsverfahren, die bereits Netz NÖ geklagt wurden.
Die Kronenzeitung berichteten hier darüber (HIER KLICKEN).
Die Tageszeitung HEUTE berichtete hier darüber (HIER KLICKEN).
Nun hat der OGH entschieden! Fortsetzung unter dem Videolink.
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Kapitel
00:09 Einleitung
00:42 Aktuelle OGH Entscheidungen und Bedenken
01:45 Verhalten der Netzbetreiber
02:24 Datenauswertung durch Smart Meter
03:13 Erfolg für Endverbraucher
03:38 Netzbetreiber und Selbsthilfe
03:56 Aktuelles vom Europäischen Gerichtshof
05:03 Forderung an Regierung, Netzstabilität
06:34 "Erneuerbare Energie" - Konsequenzen mitgedacht?
07:50 Zusammenfassung
"Auf eigene Faust" trotz Gerichtsverfahren
„Der Netzbetreiber will offenbar Fakten schaffen und nicht auf das Gerichtsurteil oder die Schlichtungsstelle warten. "Der OGH hat bereits ausgesprochen, dass Selbsthilfe verboten ist. Trotzdem ignorieren Netzbetreiber Gerichte, Schlichtungsstelle, einstweilige Verfügungen." macht Badens Anwalt Gottfried Forsthuber seinem Ärger Luft. Unsere Anwaltskanzlei berät zahlreiche Stromkunden in ganz Österreich. Das brisante: Sollten die Betroffenen zustimmen, wären die bereits laufenden Verfahren verloren: Sie müssten die Gerichtskosten zahlen und sich dem Willen des Netzbetreibers beugen. Der Netzbetreiber arbeitet mit dem „Recht des Stärkeren“, um Fakten zu schaffen.
Europa spielt mit
Eine der Betroffenen ist Besonders. Der Fall von Roswita V. aus dem Bezirk Tulln wird sogar vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verhandelt, der prüft, ob bei Einführung des Smart Meters alles korrekt war. Vor allem die Stromnetzrichtlinie der EU steht hier im Blickpunkt und wie sie in Österreich um noch einiges verschärfter, als von der EU vorgesehen, umgesetzt wird. Das äußert sich vor allem bei der Zwangsumstellung auf digitale Smart-Meter, die die analogen Ferraris-Zähler ablösen sollen.
Alle Vorschläge, die bis zum rechtskräftigen Ende des Verfahrens auf beiden Seiten für Beruhigung sorgen könnten, zum Beispiel
#1 der Einbau eines geeichten und zugelassenen Zählers - von Endverbraucher zu Verfügung gestellt – bis zur gerichtlichen Entscheidung
#2 der Austausch auf ein derzeit geeichtes Gerät gleicher Art, wie derzeit verbaut,
#3 die Nacheichung des derzeit verbauten Gerätes
– wurden abgelehnt.
Wenn Roswita V. (und alle anderen Endverbraucher) dem Einbau zustimme, ist das Verfahren für sie verloren. Dabei wollen sie nur ihre Rechte als Konsument wahren.
Entscheidung des OGH
Der Oberste Gerichtshof hat nun zu 3 Ob 191/24w, 7 Ob 167/24w, 9 Ob 104/24w, 9 Ob 95/24x entschieden:
"Die Weigerung des Antragstellers rechtfertigt es [...] nicht, dass die Antragsgegnerin, statt gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, ihr Recht auf Austausch des Zählers faktisch im Wege der Selbsthilfe – durch Androhung der Strom-abschaltung – durchzusetzen versucht."
Ein erstes Aufatmen, möchte man meinen. Doch die Netzbetreiber interessiert das auch weiterhin nicht. Alle, Stromzähler, bei denen die Eichung abgelaufen ist, müssen nachgeeicht oder ausgetauscht werden. Siehe dazu #1 #2 und #3.
Gründe für die Ablehnung des Smart Meters
Drei Punkte werden gerade vor Gericht verhandelt. Die Endverbraucher haben folgende Bedenken, die zuerst gerichtlich geklärt werden müssen, bevor etwas ausgebaut / austgetausch/ eingebaut wird:
# Die Geräte haben Fehler in der Messtechnik, die dazu führt, dass der Kunde mehr Strom zahlen muss, als verbraucht wird.Auch Datenschutz und Gesundheit machen ihr sorgen.
# Die Stromdaten können leicht von kriminellen ausgelesen werden.
# Auf zusätzlichen Elektrosmog wollen die Kunden auch verzichten, verzichten auf WLAN und co.
Im Fall der Roswita V. geht es aber nicht nur um sie selbst, sondern auch um alle anderen Familien in ganz Österreich, die ähnliche Kritik am Smart Meter haben und vom EuGH eine Entscheidung erwarten.“
Was können Betroffene tun?
Wenn Sie von einer derartigen Mahnung betroffen sind, oder als Anwältin, Anwalt für Ihre Mandanten eine Lösung suchen, bestehen – abhängig von der jeweiligen Situation - folgende Möglichkeiten.
Wenn noch KEIN Gerichtsverfahren anhängig ist:
# Antrag bei der Schlichtungsstelle die Stromabschaltung zu unterlassen. Auf Wunsch senden wir Ihnen das Muster zu. Senden Sie uns HIER Ihr Mail.
# Antrag auf einstweilige Verfügung („eV“ gem. §§ 389 iVm 382 Abs. 1 Z. 1, 2 und 5 EO) beim jenem Bezirksgericht, in dessen Zuständigkeitsbereich der Netzbetreiber seinen Unternehmenssitz hat (Für Netz NÖ: Mödling).
Bei laufendem Gerichtsverfahren:
# Antrag auf einstweilige Verfügung („eV“ gem. §§ 389 iVm 382 Abs. 1 Z. 1, 2 und 5 EO) und zwar im anhängigen Verfahren selbst. Es soll das Abwehrrecht des Endverbrauchers geschützt werden. Alternativ Antragstellung beim Gericht, in dessen Sprengel der Netzbetreiber seinen Sitzt hat. Die Frage der Zuständigkeit ist noch strittig, nicht abschließend geklärt. Im Zweifel sich am Sitz des Netzbetreibers für die Gerichtszuständigkeit orientieren.
# Antrag bei der Schlichtungsstelle mit gleichem Antragsbegehren (auch wenn bereits ein Gerichtsverfahren anhängig ist). Es ist unklar, ob diese Druckausübung ihre Ursache in Vorgaben der E-Control hat. Das wäre umso ärger, weil dann eine Schlichtungsstelle, die eigentlich den Konsumentenschutz zur Aufgabe hat, verantwortlich für die aktuell sehr belastende Situation wäre.
Kritik vom Rechnungshof
Der Rechnungshof hat bereits 2019[1] und 2024[2] in seinem Bericht tiefgreifende Kritik an der Einführung der Smart Meter in Österreich, der Aufsichtsbehörde E-Control und am Wirtschaftsressort geübt. Es wurden Berichte geschönt und Kosten falsch berechnet. Bedenken gegen die Aushöhlung des Datenschutzes, gesundheitliche Probleme und Störungen der Stromversorgung wurden ignoriert. Genaugenommen war die Einführung unüberlegt und muss im Sinne der Steuerzahler neu aufgerollt werden.
Webtipp: https://stop-smartmeter.at/
[1] Rechnungshof, Bericht des Rechnungshofes, Einführung intelligenter Messgeräte (Smart Meter), Jänner 2019, GZ 004.555/013–PR3/18 https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/Smart_Meter.pdf
[2] Rechnungshof, Bericht des Rechnungshofes, Bericht: Intelligente Messgeräte (Smart Meter) – Einführungsstand 2022, GZ 2024–0.316.828 (005.003) https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/2024_15_Smart_Meter_Stand_2022.pdf
#2 Musterantrag SCHLICHTUNGSSTELLE
BITTE MELDEN SIE SICH NUR BEI UNS, WENN SIE RECHTLICHE BERATUNG SUCHEN.
DIE AKTUELLSTEN MUSTER FINDEN SIE JEWEILS NUR AUF UNSERER HOMEPAGE. FRAGEN ZU DEN MUSTERN (Formatierungsfragen oder Ähnliches) KÖNNEN AUS ZEITGRÜNDEN NICHT BEANTWORTET WERDEN. WIR WOLLEN UND MÜSSEN UNS UM UNSERE KLIENTEN KÜMMERN.
ES IST DERZEIT (NOCH) KEIN "MUSTERVERFAHREN" IN ARBEIT. ES KÖNNEN SICH NUR ENDVERBRAUCHER DERSELBEN REGION BZW. MIT DEMSELBEN NETZBETREIBER ZUSAMMENTUN.
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Wir weisen darauf hin, dass unsere Leistungen entgeltlich sind. Wir arbeiten mit allen gängigen Rechtschutzversicherungen zusammen. Der Antrag an die Schlichtungsstelle bzw. das Gericht kann - wie erwähnt - gerne unentgeltlich verwendet werden.