"Stromabschaltung verboten." So lässt sich die aktuelle Entscheidung zusammenfassen. Hier geht's zu den Hintergründen:
"Stromabschaltung verboten." So lässt sich die aktuelle Entscheidung des Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz zusammenfassen. Das Verfahren dauert noch an.
Netzbetreiber drohen Kunden, die keinen Smart Meter haben wollen, mit Stromabschaltung. Wer dann noch immer nicht nachgibt, dem wurde/wird eiskalt der Strom abgeschaltet (bzw. der Zugang zum Stromnetz getrennt). In einer derartigen Situation haben dann praktisch alle aufgegeben und sich dem Druck gebeugt. Was der Konzern sagt, soll Gesetz sein. Ob es auch Rechte von Kunden gibt, ist in dieser Welt egal.
Recht des Stärkeren
Was jeden normal empfindenden fassungslos werden lässt, ist in der Strombranche gängige Praxis. Das Recht des Stärkeren soll zählen. Die Schlichtungsstelle "e-control" hat diese Praxis zudem über Jahre gebilligt, den Netzbetreiber nicht gestoppt. Soviel zum "Konsumentenschutz in der Praxis".
Fortsetzung unter dem Videolink.
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Gallisches Dorf in der Steiermark
Mehreren steirischen Familien war das zu viel und haben unsere Kanzlei kontaktiert. Wir haben dann in aller Eile einen Antrag bei der Schlichtungsstelle und gleichzeitig einstweiligen Rechtsschutz beim zuständigen Bezirksgericht beantragt (Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung). Damit soll vorläufig verhindert werden, dass der Netzbetreiber die Nerven verliert und seine Drohung wahr werden lässt. Die endgültige Entscheidung trifft dann die Schlichtungsstelle bzw. in weiterer Folge die Gerichte. Siehe auch Der Fall einer Niederösterreicherin, die auch keinen Smart Meter wollte, landete nun vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Das EU-Höchstgericht nimmt die Einführung dieser neuen Zähler in Österreich nun genau unter die Lupe (hier klicken).
Die Bezirksgerichte sahen bislang keinen Anlass, das Verhalten der Stromnetzbetreiber korrigieren zu müssen, wiesen den Antrag ab. Die Schlichtungsstelle übte sich in Zurückhaltung.
Dann die Wende: Drei unterschiedliche Senate des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz hoben die Entscheidung der Bezirksgerichte auf, gaben unseren Anträgen statt!
Aus der Begründung der Entscheidung:
„Aus Punkt X. der AB-VN [Allgemeine Verteilernetzbedingungen] lässt sich zudem alleine nicht ableiten, dass eine Netzbetreiberin berechtigt wäre, gegen die Verweigerung des Austausches der analogen Messanlage gegen „Smart-Meter“ mit einer Netzabschaltung vorzugehen. […]
Berücksichtigt man, dass (…) [die Notwendigkeit einer Stromabschaltung] (…) zur Erreichung ihres gesetzliches Auftrages (…) nicht als bescheinigt angesehen werden kann, lässt sich auch nicht beurteilen, ob die Weigerung der Endverbraucherin ein bloß geringfügiges Zuwiderhandeln darstellt, das zudem alsbald behebbar wäre, da ja nicht einmal feststeht, ob überhaupt ein Zuwiderhandeln oder ein bloßes Verfolgen der berechtigten Interessen seitens der Endverbraucherin vorliegt.
Dabei wird die Beurteilbarkeit des Verhaltens der Endverbraucherin anhand der Bestimmungen der AB-VN durch den Umstand, dass diese bereits nach § 915 2. Fall ABGB zu Lasten der Netzbetreiberin auszulegen sind, noch zusätzlich erschwert.
Zusammenfassend ist es der Netzbetreiberin nicht gelungen, zu bescheinigen, dass auf Basis ihrer AB-VN aufgrund der Weigerung, einen bestehenden Stromzähler austauschen zu lassen, eine Berechtigung zur Stromabschaltung besteht. Ihrer Bescheinigungspflicht hinsichtlich der rechtsvernichtenden Tatsachen ist sie daher nicht nachgekommen.
Damit hat es nach Ansicht des Rekursgerichtes dabei zu bleiben, dass es der Endverbraucherin gelungen ist, ihren zu sichernden Anspruch auf Zugang und Aufrechterhaltung dieses Zugangs zum Netz der Netzbetreiberin zu bescheinigen.“
Zusammenfassend: Ein Hoffnungsschimmer für Konsumenten. Sie dürfen nach dieser Entscheidung nicht (!) mit einer Stromabschaltung bedroht werden, um dadurch ihren Willen zu beugen (wenn es um den Einbau eines Smart Meters geht).
Verfahren geht weiter
Die Sache ist aber noch nicht zu Ende. Das Landesgericht in Graz sprach auch aus, dass die Entscheidung nur vorläufig ist und Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof (OGH) eingelegt werden kann. Bis das Höchstgericht entschieden hat, ist die Entscheidung aus Graz ein wichtiger Hinweis darauf, was den mächtigen Stromnetzbetreibern verboten ist: Die systematische Unterdrucksetzung von Konsumenten, wenn sich diese auf ihre Rechte berufen.
Die Entscheidung ist ein wichtiges Argument für alle Stromkunden, die ihre Rechte geltend machen wollen. Auch die Macht der Stromnetzbetreiber hat ihre Grenzen.
Kritik vom Rechnungshof
Der Rechnungshof hat bereits 2019[1] und 2024[2] in seinem Bericht tiefgreifende Kritik an der Einführung der Smart Meter in Österreich, der Aufsichtsbehörde E-Control und am Wirtschaftsressort geübt. Es wurden Berichte geschönt und Kosten falsch berechnet. Bedenken gegen die Aushöhlung des Datenschutzes, gesundheitliche Probleme und Störungen der Stromversorgung wurden ignoriert. Genaugenommen war die Einführung unüberlegt und muss im Sinne der Steuerzahler neu aufgerollt werden.
Webtipp: https://stop-smartmeter.at/
[1] Rechnungshof, Bericht des Rechnungshofes, Einführung intelligenter Messgeräte (Smart Meter), Jänner 2019, GZ 004.555/013–PR3/18 https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/Smart_Meter.pdf
[2] Rechnungshof, Bericht des Rechnungshofes, Bericht: Intelligente Messgeräte (Smart Meter) – Einführungsstand 2022, GZ 2024–0.316.828 (005.003) https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/2024_15_Smart_Meter_Stand_2022.pdf
#2 Musterantrag SCHLICHTUNGSSTELLE
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ES IST DERZEIT (NOCH) KEIN "MUSTERVERFAHREN" IN ARBEIT. ES KÖNNEN SICH NUR ENDVERBRAUCHER DERSELBEN REGION BZW. MIT DEMSELBEN NETZBETREIBER ZUSAMMENTUN.
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